Dienstag, 12. April 2016

stehen bleiben


Eines der letzten Bücher, das ich gelesen habe heisst "Start where you are: a guide to compassionate living" (Beginne wo du bist: Eine Anleitung zum mitfühlenden Leben) von Pema Chödrön. Ich habe mir diese Stelle angestrichen:
"You're never going to get it all together". There isn't going to be some precious future time when all the loose ends will be tied up. Even though it was shocking to me, it rang true. One of the things that keeps us unhappy is this continual searching for pleasure or security, searching for a little more comfortable situation, either at the domestic level or at the spiritual level or at the level of mental peace.
Was sie sagt (oder was ich verstehe), ist, dass wir (so ähnlich wie mit dem Geld) mit unseren Selbstverbesserungs-Anstrengungen nie dort ankommen, wo wir hinmöchten. Wenn wir uns selbst jetzt, heute, hier nicht genügen, dann klappts auch unter anderen Bedingungen nicht. Das Problem kommt nicht von aussen, sondern von innen.

Ich bin nun seit einer Weile nicht mehr im Hammam angestellt. Natürlich ging das vorher mit der Fantasie einher, dass dann alles besser wird - dass ich mehr Zeit habe, und körperlich weniger angestrengt bin, und befreiter, und ein Stück weit einen Traum leben kann. Das stimmt auch alles, eigentlich, und dann trotzdem: es bleibt eben alles immer gleich. Ich habe noch die gleichen Gefühle und die gleichen Gedanken, ich bin die gleiche Person mit den gleichen Ängsten und Freuden und Hoffnungen. Die Zukunft verwandelt sich immer, immer, immer in die Gegenwart.

As long as you're wanting to be thinner, smarter, more enlightened, less uptight, or whatever it might be, somehow you're always going to be approaching your problem with the very same logic that created it to begin with: you're not good enough.That's why the habitual pattern never unwinds itself when you're trying to improve, because you go about it in exactly the same habitual style that caused all the pain to start.

Pema Chödrön schlägt vor, dass wir mal etwas anderes tun - etwas, das nicht unseren Gewohnheiten entspricht - nämlich, nicht weg zu rennen, sondern näher zu rücken. Unseren Gefühlen Raum zu lassen und dabei die Geschichten, die sich in unserem Kopf zu Knäueln aus Wut oder Trauer oder Sehnsucht oder Eifersucht formen, loszulassen. Und dann einfach nur zu sehen, was da eigentlich ist: dieses Gefühl, das Teil unseres Menschseins ist. Das uns mit den Menschen verbindet, die neben uns im Bett liegen, neben uns im Zug sitzen, neben uns Tomatensauce aus dem Regal nehmen, mit denen, die wir bejubeln und denen, die wir verabscheuen. Hinter all den Worten und Gedanken sind wir uns so ähnlich. Hinter unseren Meinungen haben wir alle, wie es Pema Chödrön nennt, einen weichen Punkt - ein Herz... das wir alle so gut es geht beschützen wollen, weil wir uns so sehr vor dem Schmerz fürchten. Wir vergraben es unter Einstellungen und Argumenten, Vorlieben und Abneigungen, so tief, dass uns nichts mehr berühren kann.

So. Ich fand das Buch am Anfang uninteressant. Sie ist eine amerikanische buddhistische Nonne einer tibetischen Linie, und ich habe diese Dinge tausendmal gehört ("deine Gefühle sind bloss wie Wolken am Himmel") blabla. Aber dann wurde es eben doch spannend. Wieviele von uns jagen einem Glück hinter her, das in unserer Fantasie glitzert und glänzt? Ich habe als Kind mal eine Werbung gesehen von einem glitzernden Lippenstift, und dieser Lippenstift hat mich so sehr fasziniert, dass er Teil meiner Fantasie des idealen Ichs wurde. Mein bestes Ich (in meiner Welt als zwölfjährige) trug ein rotes Top und Glitzerlippenstift und stand lachend im Garten.
Ich kann niemals dieses Mädchen mit dem Glitzerlippenstift werden. Ich bleibe immer ich selbst, und dieses selbst ist manchmal glitzernd und manchmal dreckig und manchmal laut und manchmal leise, mal schnell, mal langsam, manchmal glücklich und manchmal unglücklich, und wer glaubt, dass das irgendwann anders wird, vergisst, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Was wir können, ist, jetzt und heute und hier ein Stück näher an uns selbst heran zu rücken, uns berühren zu lassen ohne den Fabeln die sich unser Gehirn ausmalt zu verfallen und darin uns selbst zu erkennen - und die Menschen um uns herum.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen